„Müntzer tanzt“ - darf man das veranstalten?
Wenn das Wort „Müntzer“ fällt, denkt man meist an das Hinschlachten der Bauern am 15. Mai 1525 und an die grausame Folterung und Hinrichtung seiner Person.
Kann man unter diesem Gedanken eine Veranstaltung im DENKjahr 2025 überhaupt anbieten.
Allen Skeptikern sei gesagt: Müntzer hat geheiratet und da ging es fröhlich zu und es wurde sicher auch getanzt.
So war es also legitim, dass sich Maria und Silas Hofmüller (Konzertbesucher kennen sie von Veranstaltungen in der Altstädter Kirche) mit den Torgauer Tänzern zusammentaten und in der Unterkirche Bad Frankenhausen einen unterhaltsamen und amüsanten Abend präsentierten.

Maria und Silas Hofmüller
Maria und Silas Hofmüller
Torgauer Tänzer
Torgauer Tänzer
Bäuerin mit Löffel
Bäuerin mit Löffel

Die Torgauer Tänzer als Verein kamen mit 10 Tanzpaaren, 5 in höfischer Kleidung, 5 in bäuerlicher Tracht. Der Tanzmeister Steffen Rolle als Thomas Müntzer übernahm die Moderation. Eingebettet wurde der Abend in eine fiktive Geschichte: „Herzlich willkommen zu 'Müntzer tanzt' hier am historischen Ort. Fühlen wir uns in die Zeit um 500 Jahre zurück versetzt. Es ist Mai, die Bauern und Bürger der Stadt Frankenhausen sind zusammen gekommen, um mit den verbündeten Aufständischen das Maifest zu feiern. Der Maibaum steht, die Bauern sind guter Dinge ihre Ziele zu erreichen. Nichts steht einem ausgelassenen Maifest entgegen. Historisch nicht ganz korrekt (da Anfang und nicht Mitte Mai) bin auch ich, Thomas Müntzer, aus Mühlhausen angereist, um mit meinen hoffnungsvollen Worten die Aufständler von der Richtigkeit unseres Handels zu überzeugen.
Wir erzählen eine Geschichte. Aus diesem Grund sind die Tänze in einer bestimmten Reihenfolge angeordnet. Sei es der Name des Tanzes, der Inhalt oder bestimmte Begriffe, die im Tanz vorkommen – zusammengefügt ergibt sich dieses vorgenannte Maifest von der Vorbereitung bis zum festlichen Abschluß.“


Zuerst wurden alle Tänze inhaltlich erklärt und dann „theoretisch“ demonstriert, danach erfolgte mit historischen Saiteninstrumenten und Flöten die Ausführung der Tänze. Und das alles ohne Verstärkungsapparaturen!
Thema der ersten Tänze ist der Maibaum: Aufstellen, Tanzen um den Maibaum, versuchtes Stehlen desselben, Lausbuben.
In der nächsten Gruppe dreht sich alles um Erbsen (es gab zu Müntzers Zeiten noch keine Kartoffeln): Erbsen sammeln, einbringen in die Scheunen, Festmahl mit Erbsensuppe. Die Besucher des Abends erhielten mündlich ein komplettes Rezept dazu (konnte am Ende „eingefordert“ werden).
Wer nicht dabei war, kann es nach den folgenden Angaben selbst zubereiten (nach dem Rezept von Johannes von Bockenheim, Koch am päpstlichen Hof unter Papst Martinus V, 1417-1431): Für eine Person benötigt man eine Handvoll Trockenerbsen, 1 Zwiebel, 1 Eßlöffel (EL) Majoran, 1 EL Olivenöl, ½ TL Zimt, 1 TL Dill, etwas Safran, Kreuzkümmel, Salz, Pfeffer, 1x Weißbrotscheibe, Wasser. Erbsen in Wasser weichkochen und unter Rühren weiter kochen. Safran mit anderen Gewürzen würzen, kleingeschnittene Zwiebel hineingeben und mit Olivenöl, Majoran und Dill würzen. Weißbrot zu kleinen Fladen formen, über dem Feuer anrösten und über die Suppe geben - guten Appetit
Um den Tanzpaaren eine Verschnaufpause zu geben, erfolgten einige Erläuterungen zu der damaligen Kleiderordnung, den dazugehörigen Utensilien und Schuhen. Auch da konnten die Anwesenden wieder einiges Lernen. „ den Löffel abgeben“ ist heute noch zu hören, wenn man salopp den Tod eines Menschen anzeigen will.
Den Ursprung findet man im Mittelalter. Die in einfachen Verhältnissen lebenden Menschen trugen über der Kleidung nur einen Strick, an dem seitlich zwei „personengebundene“ Holzlöffel zur Einnahme der Speisen hingen. Mit dem Tod des Trägers endete auch die Notwendigkeit, den Löffel zu benutzen, weshalb er dann an nächste Angehörige weitergegeben wurde.

Die weiteren Tänze streben dem Höhepunkt des Maifestes zu: Polonaise, fröhliches Trinken, neckische Spiele, amüsante Gespräche. Aber wie jedes Fest, so muss nach dem Feiern aufgeräumt werden: Im Tanz „schlagen“ die zänkisch streitenden Waschfrauen und –männer mit einem Waschholz („Bleuel“) auf die schmutzige Wäsche ein, um den Schmutz herauszuschlagen.
So endete ein heiterer lehrreicher Abend in der Unterkirche, gemeinsam organisiert von der Stadt und Kirchgemeinde Bad Frankenhausen.
Aber es gab noch ein Nachspiel, keine Zugabe! Tanzmeister Müntzer lud die Anwesenden zu einem Mitmachtanz ein. Und das ließ man sich nicht zweimal sagen, sondern es kamen etwa 10 Gäste nach vorn und hatten nach kurzer „Lehrunterweisung“ viel Freude dabei, auch ein Ehepaar mit 86/84 Jahren – wenn auch nicht mehr ganz so flott.

In Absprache mit Stadt und ev. Kirchgemeinde Bad Frankenhausen
Text und Fotos: Peter Zimmer